Stellungnahme zum Landespflegestrukturgesetz (LPSG)

Die Landesarbeitsgemeinschaft Hauswirtschaft Baden-Württemberg begrüßt in ihrer Stellungnahme die Zielsetzung des Gesetzes, Pflege- und Unterstützungsstrukturen sozialräumlich zu regeln, d.h. quartiersnahe, leistungsfähige und ausreichende Unterstützungsstrukturen zu fördern.

 

Sie fordert aber, das bezahlbare und qualitätsgesicherte hauswirtschaftliche Angebote vorzuhalten sind. Als Minimalstandards wird die Leitung durch eine hauswirtschaftliche Fachkraft und die Qualifizierung der Mitarbeitenden gefordert.

 

Hier die vollständige Stellungnahme:



Personalpolitische Handlungsempfehlungen für stationäre Einrichtungen mit Fokus auf die Hauswirtschaft nach der neuen LPersV0 in Baden-Württemberg

Im Folgenden wollen wir die neuen Chancen für die Hauswirtschaft detailliert aufzeigen: Die Handlungsempfehlungen betreffen die Ausgestaltung der qualitativen und quantitativen Fachkraftquote, wie sie in § 8 und 9 der LPersVO beschrieben werden.

 

Um in stationären Einrichtungen den Personaleinsatz und den Personalmix stärker zu  flexibilisieren können im Rahmen der 50 %-Fachkraftquote andere anerkannte Fachkräfte, entsprechend ihrer beruflichen Qualifizierung, eingesetzt werden, sofern diese den Beschäftigten für Pflege- und Betreuungsleistungen zuzuordnen sind. Hierzu zählen u.a. Hauswirtschafter/innen. 

 

Wie in § 8 (Fachlichkeit und Personalbesetzung in der Pflege) und § 9 (Abweichungen in der Fachlichkeit und Personalbesetzung) beschrieben - werden verschiedene Kombinationen aus Pflegefachkräften, Fachkräften mit nachweisbar berufstypischen Beschäftigungen sowie Assistenzkräfte und angelernte Kräfte möglich. 

 

Aus § 8 und § 9 können sich folgende mögliche Beispiele ergeben: 

Beispiel Pflegefachkräfte Fachkräfte (z.B. Hauswirt-schafter/innen) Assistenz- und angelernte Kräfte
1 * mind. 50 %   50 %
2 50 % 10 % 40 %
3 ** 40 % 10 % 50 % ***
 4 40 % 20 %  40 %

* herkömmliche Personalbesetzung ohne Berücksichtigung hauswirtschaftlicher Fachkräfte

 

** Bei Abweichung von der 50 %-igen Pflegefachkraftquote nach unten dürfen bestimmte Aufgaben nur noch von der Pflegefachkraft gemacht werden.

 

*** davon höchstens 40 % angelernte Kräfte und 10% Assistenzkräfte 

 

Eine Zustimmung zur Änderung der Personalbesetzung durch die zuständige Behörde ist nur erforderlich, wenn die Pflegefachkraftquote unter 40% liegt.

 

Durch den Ersatz von 10 - 20% der bisherigen Pflegefachkräfte wird eine Flexibilisierung befördert und je nach Einrichtungskonzept die Möglichkeit eröffnet, einen situationsadäquaten Personalmix zu erreichen. 

 

Nach Beispiel 2 könnte der Personalmix in einem „klassischen“ Altenpflegeheim so aussehen: 10 Pflegefachkräfte, 1 Hauswirtschafterin, 1 Beschäftigungstherapeutin, 4 Altenpflegehelfer/innen und 4 angelernte Kräfte. 

 

Nach Beispiel 3 könnte der ideale Personalmix in einer stationären Altenhilfe-Einrichtung, die nach dem Hausgemeinschaftsmodell arbeitet, aus 8 Pflegefachkräften, 2 Hauswirtschafter/innen und 10 Alltagsbegleiter/innen bestehen (s. dazu: Forschungsprojekt „Perle“ - Personalmix in der Langzeitpflege gefördert durch das Sozialministerium Baden-Württemberg http://www.kh-freiburg.de/forschung-entwicklung/projekte/personalmix-langzeitpflege/

 

Beispiel 4 ermöglicht es sogar 4 Hauswirtschafter/innen , 8 Pflegefachkräfte, und 8 Alltagshelfer/innen einzusetzen. Diese  Kombination ermöglicht eine familien- und alltagsähnliche Versorgung und Betreuung in kleinen Gruppen.

 

Vorgaben zur Qualität der hauswirtschaftlichen Versorgung und Betreuung

 

§ 13 der LPersVO regelt erstmals neu, dass in stationären Einrichtungen („klassische“ Einrichtungen oder solche nach neuen Wohnformen) mit mehr als 30 Bewohnerinnen und Bewohnern die Qualität der hauswirtschaftlichen Versorgung durch eine hauswirtschaftliche Fachkraft sichergestellt werden soll. Wie in der Begründung der LPersVO erläutert, trägt der Leistungsbereich der Hauswirtschaft wesentlich zum Wohlbefinden und zur Zufriedenheit der Bewohnerinnen und Bewohner bei und soll deshalb in guter Qualität geleistet werden.

 

Personalpolitische Handlungsempfehlungen für die stationäre Alten- und Behindertenhilfe -  bei Einrichtungen mit Fachbereich Hauswirtschaft

 

Durch die neuen Akzente der LPersVO sind Einrichtungsträger und Leitungskräfte aufgefordert, auch im Ausbildungsangebot neue Impulse zu setzen.

 

Um gegenwärtig und zukünftig die Herausforderungen, die sich durch den Fachkraftmangel ergeben abzufedern, können verschiedene fachliche Kompetenzen gezielt und bewohnerbezogen zum Einsatz kommen. Da die Hauswirtschaft schon immer einen stärkeren Bezug zum Lebensalltag und zur Normalität für die Bewohnenden in einer stationären Einrichtung hat, sollte dies nun auch mehr Gewicht bei der Personalbesetzung erhalten. 

 

Folgende Empfehlungen werden in Bezug auf den Einsatz von hauswirtschaftlichen Fachkräften gegeben:

 

- Hauswirtschaftliche Fachkräfte sollten in einem zukunftsorientierten Personalmix von stationären Einrichtungen stärker berücksichtigt werden.

 

- Dazu muss die Ausbildung von hauswirtschaftlichen Fachkräften (Hauswirtschafter/innen und Fachhauswirtschafter/innen)  gestärkt werden. Neue Ausbildungsbetriebe müssen gewonnen werden. Für bewährte Mitarbeitende eröffnet das Berufsbildungsgesetz (BBiG) in § 45 Absatz 2 die Möglichkeit, zur Prüfung für den Abschluss Hauswirtschafterin bzw. Hauswirtschafter zugelassen zu werden

 

- Hauswirtschaftlichen Auszubildenden sollten nach Ausbildungsabschluss von den Ausbildungsbetrieben attraktive Arbeitsplätze angeboten werden.

 

- Hauswirtschaftliche Fachkräfte sollten stärker bei der Entwicklung von Konzepten einbezogen werden, um ihre Fachkenntnisse zum Wohle der Bewohner einzusetzen.


Stellungnahme zum Entwurf der Verordnung des Sozialministeriums über personelle Anforderungen der stationären Einrichtungen (PErsVO)

Nachdem das Wohn-,Teilhabe- und Pflegegesetz (WTBG) für Baden-Württemberg seit 31. Mai 2014 in Kraft getreten ist hat das Sozialministerium nun auch den Entwurf für die personellen Anforderungen an Heime vorgelegt. Die Landesarbeitsgemeinschaft Hauswirtschaft Baden-Württemberg e.V. (LAG)und der Berufsbildungsausschuss haben inzwischen eine Stellungnahme abgeben. Beide haben begrüßt, dass ein neuer § 13 „Fachkräfte in der Hauswirtschaft“ den Einsatz von hauswirtschaftlichen Fachkräften unter bestimmten Bedingungen fordert. Allerdings ist eine Einschränkung auf Einrichtungen mit mehr als 30 Bewohnerinnen und Bewohnern – wie vorgesehen – für uns nicht nachvollziehbar. Daher haben wir den Vorschlag gemacht, die Formulierung dahingehend zu ändern, dass - wie für die Pflegedienstleitung auch - ein Vollzeitäquivalent von mind. 0,5 Stellen pro stationärer Einrichtung als Untergrenze festgelegt wird. Außerdem fordern beide Gremien, dass in Einrichtungen mit mehr als 80 Bewohnern eine besonders geeignete Qualifikation (Hauswirtschaftliche/r Betriebsleiter/in bzw. Meister/in der Hauswirtschaft) vorhanden sein muss.


Stellungnahme zum Entwurf des Gesetzes für unterstützende Wohnformen, Teilhabe und Pflege (WTPG)

Die Landesarbeitsgemeinschaft Hauswirtschaft Baden-Württemberg e.V. (LAG) begrüßt, dass mit dem Gesetz eine neue, heimrechtlich geschützte Wohnform mit eigenen Anforderungen ermöglicht wird. Auch die dem Gesetz zugrundeliegende Stärkung von Teilhabe und Selbstorganisation der Menschen in den Pflege- und Behinderteneinrichtungen und in der Gesellschaft sowie die Verbesserung der spezifischen, den Bewohnern zu gewährenden Informationsrechte sieht die LAG Hauswirtschaft als zukunftsfähig an, da diese die Erweiterung des Aufgabenspektrums der Hauswirtschaft im Bereich der hauswirtschaftlichen Betreuung aufnimmt. Denn „Hauswirtschaftliche Betreuung befähigt Menschen mit Hilfebedarf die Versorgungsaufgaben des Alltags so eigenständig wie möglich wahrzunehmen“ (Deutsche Gesellschaft für Hauswirtschaft e.V.: Den Alltag leben, 2012). 

 

Im Folgenden nimmt die LAG Hauswirtschaft in ihrer Stellungnahme Bezug auf Entwurf und Begründung des Gesetzes chronologisch nach der Gliederung: 

 

 

Abschnitt 1: Zweck des Gesetzes und Anwendungsbereich

 

§ 1 Zweck des Gesetzes

Die Festschreibung in Absatz 1 Nr. 2 benötigt ein hohes Maß an Professionalität aller eingesetzten Kräfte und der am Prozess beteiligten Berufsgruppen. Die LAG Hauswirtschaft begrüßt, dass der Begriff „Lebensqualität“ in den Text aufgenommen wurde. Viele Bewohnerbefragungen zeigen ja, dass die Bewohner selbst die Lebensqualität in starkem Maße an der hauswirtschaftlichen Versorgung und Betreuung festmachen.

Der in Nr. 4 aufgeführte Begriff „allgemein anerkannter Stand der fachlichen Erkenntnisse“ wird an dieser wie auch an weiteren Stellen begrüßt als Standard für Professionalität – bezogen auf alle Berufsgruppen.

 

§ 5 Ambulant betreute Wohngemeinschaften für volljährige Menschen mit Unterstützungs- und Versorgungsbedarf

Die Erfahrung zeigt, dass es hier viele Menschen gibt, die Unterstützungs- und Versorgungsbedarf haben, vor allem im Bereich der hauswirtschaftlichen Leistungen. Sie können nicht mehr alleine die Wohnung sauber halten, die Wäsche waschen oder eine angemessene Ernährung sicherstellen. Deshalb begrüßt die LAG Hauswirtschaft insbesondere die Möglichkeit, Wohngemeinschaften zum Zweck des selbstbestimmten Wohnens mit gemeinschaftlicher hauswirtschaftlicher Betreuung und Versorgung zu gründen. 

 

§ 6 Ambulant betreute Wohngemeinschaften für volljährige Menschen mit Behinderungen

Im Absatz 1 wird von „Anleitung in Lebens- und Haushaltsführung“ gesprochen. Dieses muss unter hauswirtschaftlichem Aspekt gesehen werden und erfordert entsprechende Fachlichkeit.

 

 

Abschnitt 3: Vorschriften für stationäre Einrichtungen

 

§ 10 Anforderungen an den Betrieb einer stationären Einrichtung

Absatz 1: Wenn die stationäre Einrichtung „im erforderlichen Umfang über qualifizierte Leitungsfunktionen verfügen“ muss gehört dazu auch die entsprechend ausgebildete Hauswirtschaftsleitung. Schließlich ist dazu in der Begründung formuliert: „Gerade bei den unmittelbaren Versorgungsleistungen soll durch qualifiziert besetzte Leitungsstellen den Bewohnern ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben … ermöglicht werden.“ 

 

Absatz 2 Nr. 5 und 8: Die angemessene Qualität der Verpflegung und die der hauswirtschaftlichen Versorgung kann nur durch die Mindestbesetzung mit einer hauswirtschaftlichen Führungskraft gewährleistet werden. Wir bitten dieses spätestens in einer folgenden Verordnung zu den personellen Anforderungen aufzunehmen und klarzustellen. 

 

Absatz 3 Nr. 4: Hier ist eine konzeptionsabhängige Fachlichkeit angesprochen, wenn es heißt, dass von den Anforderungen abgewichen werden kann, „wenn dies für eine fachgerechte Betreuung der Bewohner erforderlich oder ausreichend ist“. Dies gilt für Hausgemeinschafts- und Wohngruppenkonzepten auch im stationären Bereich, bei denen nicht die Pflege im Vordergrund steht (z.B. für Menschen mit demenzieller Erkrankung): Hier fordert die LAG Hauswirtschaft die Erweiterung des Begriffs der Fachkraft auf hauswirtschaftliche Fachkräfte (ggf. mit Zusatzausbildung), um somit einen auf die konzeptionellen Erfordernisse dieser Wohn- und Betreuungsformen flexiblen und bedarfsentsprechenden Personaleinsatz zu gewährleisten.

 

 

Abschnitt 4: Vorschriften für ambulant betreute Wohngemeinschaften

 

§ 13 Anforderungen an die ambulant betreute Wohngemeinschaft

Absatz 2: Leistungen müssen dem allgemein anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse entsprechen: Das muss auch für die Präsenzkraft gelten. Hier geht es immer wieder um das Abwägen zwischen Bedürfnissen und Wünschen der Bewohnerinnen und Bewohner und dem „allgemein anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse“.

 

Für die Hauswirtschaft in der Altenhilfe gelten insbesondere folgende Leitlinien als allgemein anerkannter Stand der fachlichen Erkenntnisse: 

  • Wäschepflege in sozialen Einrichtungen – Leitlinie für das Wäschemanagement (Juli 2013)
  • Wenn in sozialen Einrichtungen gekocht wird – Leitlinie für eine gute Lebensmittelhygienepraxis (2009)
  • DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen (2011)
  • Nationale Leitlinien für eine gute Hygienepraxis

Eine fachgerechte Umsetzung dieser Leitlinien ist nur durch hauswirtschaftliche Fachkräfte zu gewährleisten. 

 

Absatz 3: Den Einsatz von Präsenzkräften für die Alltagsbegleitung in den ambulant betreuten Wohngruppen begrüßt die LAG Hauswirtschaft grundsätzlich. Eine 24stündige Anwesenheitszeit von Präsenzkräften erfordert ca. fünf Vollzeitstellen. Aufgrund der Anforderungen an die Präsenzkräfte muss je ambulant betreuter Wohngemeinschaft davon mindestens eine Hauswirtschafterin (ggf. mit Zusatzqualifikation) als verantwortliche Leitungskraft eingesetzt werden (Anleitung der Präsenzkräfte, Planung und Kontrolle der Abläufe). 

 

§ 18 Überprüfung der Qualität in ambulant betreuten Wohngemeinschaften

Gerade weil die Regelprüfung nur 3 Jahre lang vorgesehen ist, ist es wichtig, die Einhaltung von Mindeststandards so zu gewährleisten, dass eine hauswirtschaftliche Fachkraft, die die an- und ungelernten Präsenzkräfte fachlich anleiten und kontrollieren kann, eingesetzt wird.

 

Dies dient dem Schutz der Bewohner, weil damit eine gute Hygienepraxis gewährleistet wird und gleichzeitig die hauswirtschaftliche Versorgung für die Wohngruppe (z.B. das tägliche Essen),  gewährleistet werden kann. 

 

§ 29 Rechtsverordnungen

Nr. 4: Die LAG Hauswirtschaft begrüßt, dass die hygienerechtlichen Bestimmungen für stationäre Einrichtungen nach § 3 in einer Rechtsverordnung geregelt werden. Allerdings muss es auch für ambulant betreute Wohngruppen entsprechend angepasste hygienerechtliche Bestimmungen geben.

 

 

Regelungsfolgenabschätzung

Die Landesregierung sollte hier ihre Verantwortung wahrnehmen und sich im Klaren darüber sein, dass eine Zunahme von an- und ungelernten Kräften auch Folgen für die Zukunft hat, insbesondere eine steigende Altersarmut vor allem für Frauen. Darüber hinaus ist das Potenzial von „guten“ an- und ungelernten Kräften bei der derzeitigen Vollbeschäftigung gering. Dieses spricht dafür, dass mindestens eine hauswirtschaftliche Fachkraft die Anleitung und Überwachung der Präsenzkräfte übernimmt. Für die an- und ungelernten Kräfte sollte eine Mindestvergütung vorgesehen werden, damit es nicht zum Wettbewerb im Niedriglohnsegment kommt.